Wer kennt sie nicht: Diese innere Stimme, die uns sagt, dass wir eine Aufgabe später erledigen können und uns stattdessen zu anderen Dingen verleitet. Die Prokrastination, auch Aufschieberitis genannt, hat viele Gesichter. Manche sind unbedenklich, doch viele führen zu Stress, insbesondere bei der Arbeit. In diesem Artikel werden wir wirksame Strategien und Tipps vorstellen, wie du deine Prokrastination überwinden und erfolgreichere Gewohnheiten entwickeln kannst. Wir versprechen dir: du wirst dich besser fühlen. Und wer weiß, vielleicht findest du dabei sogar Spaß an der Produktivität!
Mit Glaubenssätzen wie „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!“ oder „Je eher daran, desto eher davon“ haben uns Eltern und Großeltern dazu motivieren wollen, unsere Aufgaben zügig zu verrichten. Nicht bei allen hat das gefruchtet:
Laut statistischen Untersuchungen neigt etwa ein Zehntel unserer Bevölkerung zum Prokrastinieren und erledigt Dinge regelmäßig last minute. Andere Quellen gehen von einem Fünftel aus. Wir hätten gern zuverlässigere Zahlen, aber offenbar hat bei der einen oder anderen Umfrage jemand die Abgabefrist zu lange vor sich hergeschoben. 😉
Woher kommt die Prokrastination?
Gründe für Prokrastination gibt es viele. Perfektionistisch veranlagte Menschen leiden genauso darunter wie Tagträumer:innen. Das Aufschieben kann in Zeiten mit Leerlauf ebenso passieren wie in Momenten der Überforderung aufgrund von vielen, dringenden Aufgaben. Prokrastinierende als faul zu bezeichnen, ist dabei unangebracht – mangelnder Willen ist nur sehr selten die Ursache.
Klassische Auslöser sind ein hoher Leistungsdruck, Perfektionismus oder Versagensängste. Schon der Gedanke an eine Aufgabe stresst uns – also drücken wir uns davor und machen anstelle dessen etwas anderes. So haben wir das gute Gefühl, etwas geschafft zu haben und aus unserem Kopf streichen zu können.
Abtrainieren statt aussitzen
Sich die Psychologie dahinter zu verdeutlichen, hilft schon einmal dabei, die eigene Prokrastinierung zu erkennen und anzunehmen. Je nach Ausprägung wird sie aber zum Problem – das „Aussitzen“ mag bei Altkanzler Kohl funktioniert haben, im Arbeitsalltag einer Agentur klappt es nicht. Die Aufgabe besteht weiter, und von Tag zu Tag wächst die Dringlichkeit. Die Folge: Der Stresspegel wächst. Im schlimmsten Fall verbringen wir die Nacht vor der so wichtigen Präsentation mit deren Erstellung am Schreibtisch statt im Bett und sind am nächsten Morgen entsprechend kaputt.
Die gute Nachricht: Sofern die Prokrastination nicht auf gravierenden gesundheitlichen Problemen basiert, können wir sie uns abtrainieren. Das funktioniert unabhängig davon, ob unsere Aufschieberitis plötzlich oder regelmäßig auftritt. Entscheidend sind hierbei eine gute Zeiteinteilung und der Wille, seine Gewohnheiten zu ändern.
So entkommst du der Aufschieberitis
Hier kommen einige Tipps für dich, wie du besser ins Tun kommst anstatt wichtige Aufgaben von einem Tag auf den anderen zu verschieben:
✅ Hör in dich hinein
Warum scheust du vor genau dieser Aufgabe zurück? Hast du keine Lust, keine Zeit oder bist du fachlich damit überfordert? Gegen einen Mangel an Lust hilft es, sich das Gefühl oder den Nutzen vorzustellen, wenn die Aufgabe erledigt ist. Bei den anderen beiden Optionen solltest du dein Team ins Boot holen.
✅ Arbeite häppchenweise
Teile umfangreiche Arbeiten in überschaubare Schritte ein. Kleine Aufgaben erledigen sich leichter und sorgen für Erfolgserlebnisse. Das macht Freude und vermittelt ein positives Gefühl. Wenn du den Berg von vornherein minimierst, stehst du nicht wie der Ochs davor.
✅ Bring Ordnung in deine Aufgaben
Führe und pflege eine To-Do-Liste. Die Betonung liegt auf der Einzahl. EINE To-Do-Liste, keine 30 herumliegenden Notizzettel. Strukturiere sie, das erleichtert dir Überblick und Zeitgestaltung. Außerdem ist kaum etwas befriedigender als das Abhaken!
✅ Plane Zeitpuffer ein
Viele Aufgaben dauern länger als geplant. Außerdem kommt im Agenturalltag immer was dazwischen. Nutze den Puffer aber auch zum Erledigen dieser speziellen Aufgabe – und nicht dafür, um den letzten Drücker zu verlängern 😉
✅ Belohne dich
In der Schule gab es ein Fleißsternchen, heute weißt du selbst am besten, was dich motiviert – ob es eine Kaffeepause, ein Spaziergang oder eine Runde Social Media ist. Schon der Ausblick auf die Belohnung kann manchmal beflügeln!
✅ Setze dir Ziele.
Aber übertreib’s nicht. Warum?
Ziele setzen: Auf die Erreichbarkeit kommt es an
Ziele sind nicht nur im Job, sondern auch für unsere persönliche Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Sie beeinflussen unser Verhalten und dienen als Kompass, der uns leitet.
Erreichen wir unsere Ziele, trägt dies maßgeblich zu unserer Zufriedenheit bei. Allerdings kann es auch frustrierend sein, wenn uns die Zielerreichung nicht gelingt. Daher ist es wichtig, realistische Ziele zu setzen – und auch regelmäßig zu reflektieren, ob sie vielleicht angepasst werden müssen.
Um die Rolle der Erreichbarkeit herauszufinden, haben Psycholog:innen der Universität Basel für eine Studie knapp 1.000 Menschen befragt. Eines der Resultate: Wenn jemand seine persönlichen Ziele als realisierbar wahrnimmt, ist dies ein Indikator für zukünftiges kognitives und emotionales Wohlbefinden. Menschen sind dann zufrieden, wenn sie ein Gefühl der Kontrolle und Erreichbarkeit verspüren. Dabei spielt es weniger eine Rolle, wie wichtig das Ziel ursprünglich war.
Schon gewusst? Die Prokrastination hat noch eine Schwester!
Nun gibt es tatsächlich nicht nur Prokrastination. Hast du schon mal von Präkrastination gehört? Ja, es gibt tatsächlich ein Gegenstück dazu!
Präkrastination, auch bekannt als „Vorzieheritis”, beschreibt das Bedürfnis, sofort alles von der To-Do-Liste abzuhaken. Egal ob die Aufgaben erst in zwei Wochen fällig sind oder ob sie aus dem Team, Freundes- oder Familienkreis kommen – präkrastinierende Menschen machen sich sofort ans Werk. Sie haben den Glaubenssatz „Je eher daran, desto eher davon“ zu sehr verinnerlicht. Auf den ersten Blick mag das sehr fleißig wirken. Doch langfristig betrachtet, arbeitet man ineffektiv und erhöht das eigenen Stresslevel.
Der Wirtschaftspsychologe Professor Florian Becker hat dazu Erstaunliches herausgefunden: Hinter der Präkrastination verbirgt sich oft eine Form von Prokrastination. Indem man den ganzen Tag kleine, überschaubare oder dringende Aufgaben erledigt, vermeidet man oft diejenigen, die zwar länger dauern, aber wichtiger sind. Zudem neigen „Vorzieher:innen” dazu, schnelle Lösungen zu wählen, anstatt länger über eine Aufgabe nachzudenken. Sie delegieren schlecht und sind anfällig für Multitasking – beides raubt langfristig Energie.
Darüber hinaus geraten Präkrastinierende schneller aus den Augen, was langfristige Ziele angeht. „Andere schieben ihre Interessen dazwischen – und die präkrastinierende Person vergisst, was ihr eigentlich wichtig wäre“, sagt Becker.
Doch was können wir dagegen tun? Im Grunde helfen hier auch einige der Ziele, die wir oben bereits angeführt haben – Ziele setzen, To Do Liste, Belohnungen, all das tut auch hier gut. Aber bei Präkrastination kommt tatsächlich noch etwas anderes hinzu:
✅ Priorisiere deine Aufgaben
Sicher hast du schon einmal vom Eisenhower-Prinzip gehört. Wenn neue Aufgaben dazu kommen, verfährst du mit ihnen ebenso – und entscheidest dich dann für die Aufgaben, die am dringendsten erledigt werden müssen oder langfristig die meisten Auswirkungen haben.
✅ Manage deine Zeit aktiv
Methoden wie die Pomodoro-Technik, helfen dir dabei, deine Zeit bewusster zu nutzen. Mit klaren Zeitintervalle für bestimmte Aufgaben bringst du Ordnung in dein Zeitmanagement und reduzierst das Risiko, dass du dich ablenken lässt.
✅ Fokussiere dich
Nimm dir Zeit, um über Aufgaben und Projekte nachzudenken, bevor du sie angehst. Eine gründliche Planung führt oft zu besseren Ergebnissen als hastige Handlungen. So gehst du wohlüberlegt vor und vermeidest Fehler. Außerdem braucht dein Hirn auch Zeit zum Denken, gönne sie dir.
✅ Vermeide Multitasking
Dein Computer kann Multitasking – du nur bedingt. Ständig zwischen Aufgaben hin und her zu switchen, beeinträchtigt deine Produktivität und Konzentration. Nimm dir lieber eine Aufgabe vor und arbeite sie sorgfältig ab, bevor du zur nächsten übergehst.
✅ Behalte deine langfristigen Ziele im Auge
Halte gelegentlich inne und frage dich, ob die Aufgaben, die du gerade erledigst, wirklich deinen langfristigen Zielen dienen. Nein? Wenn sie nicht zugleich dringend und wichtig sind, dann belaste dein Hirn nicht in diesem Moment damit.
✅ Gib’s weiter
Kann es sein, dass die Aufgabe nur auf deinem Tisch gelandet ist, weil andere wissen, dass du immer gleich alles erledigst? Möglicherweise ist sie aber bei jemand anderem fachlich viel besser aufgehoben. Dann gehört sie auch dahin. Weise den Menschen, der sie dir zugeteilt hat, freundlich darauf hin.
Du siehst: Gegen Prokrastination und ihre Schwester Präkrastination ist durchaus ein Kraut gewachsen. Der erste Schritt ist es, sich einzugestehen, dass du etwas ändern willst. Produktivität lässt sich lernen – und macht Spaß.
Wenn du jedoch alleine nicht dagegen ankommst und die Thematik einen größeren Teil deines Teams betrifft, musst du vielleicht einen Schritt weiter gehen. Bei kleinkariert kümmern wir uns um die nötigen Strukturen in Agenturen. Eure Prozesse auf den Prüfstand zu stellen, Coachings oder Mitarbeitendenworkshops anzubieten, könnte hier hilfreich sein.
Lass uns im gemeinsamen Gespräch herausfinden, welche Methode sich am besten für euch eignet.
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