Viele von uns haben es geliebt: Seit Januar 2021 galt die sogenannte Homeofficepflicht für Unternehmen. Sofern keine betriebsbedingten Gründe vorlagen, waren Arbeitgeber:innen dazu verpflichtet, ihren Teams zu ermöglichen, von zuhause aus zu arbeiten. Doch nun ist Schluss damit. Zum 20. März 2022 läuft die Homeofficepflicht aus. Was bleibt, sind große Fragen: Wie werden wir in künftig arbeiten? Wie sieht das Büro der Zukunft aus? Wir verraten, warum Multisensorik dabei eine Rolle spielen wird.
Die Homeofficepflicht war mehr als nur der Persilschein, von zuhause aus zu arbeiten. Stattdessen hat sie den Trend, remote arbeiten zu wollen verstärkt – und das nicht nur für Digitale Nomaden. Dennoch sind viele Unternehmen daran interessiert, ihre Teams wieder ins Büro zu holen. Manche Bereiche planen sogar richtige Wiedereingliederungsmaßnahmen, nachdem die Menschen teilweise bis zu zweiJahre zuhause waren. In dem Zusammenhang etabliert sich auch der Begriff „Hybrides Arbeiten“ als Buzzword. Auf einmal werden Tipps zu neuen Arbeitszeitmodellen und Empfehlungen, welche Wochentage sich am besten zur Präsenzpflicht eignen, ausgetauscht wie Panini-Karten.
Das „neue Zurück“ nach der Homeofficepflicht hat mit „früher“ nichts mehr zu tun
Doch ist das Ziel wirklich, alle auf Biegen und Brechen wieder im Büro zu verpflichten? Wir sagen: Nein. Das „neue Zurück“ ist weder schwarz noch weiß, sondern bedeutet einen Umbruch der Arbeitswelt, der sich durch ein hohes Maß an Demokratisierung auszeichnet. Die Zukunft der Arbeit sieht anders aus als das, was wir gewohnt sind. Sie kann auch nicht mehr von Inhaber:innen oder Chef:innen vorgeschrieben werden. Dennoch tun Vorgesetzte gut daran, die Bedingungen im Büro an die neuen Anforderungen anzupassen.
Weiche Faktoren werden wichtiger
Die Zahlen sprechen Bände: Eine Teambefragung bei Apple im Juli 2021 ergab, dass 90 Prozent der Belegschaft in Zukunft ortsunabhängig arbeiten möchten und eine Büropflicht ablehnen.
Umfragen in Deutschland zeigen weniger drastische Ergebnisse, zeigen aber dennoch, dass die Ansprüche an das Arbeitsumfeld sehr individuell sind. Es geht vielfach um weiche Faktoren – mehr Autonomie, stärkere Eigenverantwortung, eine neue Work-Life-Balance. Mitarbeiter:innen sollen selber entscheiden können, ob sie zuhause oder von unterwegs arbeiten oder zumindest tageweise aus freien Stücken und voller Freude wieder ins Büro kommen wollen. Doch wie erzeugt man genau diese Freiwilligkeit und Freude?
Wir beginnen mit zwei Ansätzen.
Fühlst Du Dich wohl?
Der erste Ansatz ist denkbar einfach, wird aber komplett unterschätzt und deshalb viel zu selten genutzt: Einfach nachfragen! „Fühlst Du Dich wohl? Was kann ich dafür tun, damit Du Dich wohler fühlst? Was brauchst Du an Deinem Arbeitsplatz dafür?“
Vielfach wird der Wunsch nach mehr Gemütlichkeit geäußert, denn die ist zuhause ja wirklich stärker gegeben, selbst wenn der Arbeitsplatz am Küchentisch zumeist nicht optimal bequem ist. Gemütlichkeit, Cocooning, Hygge – wie immer wir es auch nennen: Heimeligkeit ist in Zeiten des Wandels und Aufbruchs Trend und Grundbedürfnis. Und ehrlich gesagt, lässt das coole Agentur-Ambiente dafür oft zu wenig Raum.
Häufig ist auch das Bedürfnis nach einem Rückzugsort oder mehr Flexibilität, um zwischendurch beispielsweise Sport zu treiben oder einfach nur Spazieren zu gehen. Alles Dinge, die sich mit etwas Kreativität lösen lassen. Funktionalität meets Gemütlichkeit. Flexibilität meets Gemeinschaft. Yeah!
Der aktive Austausch kann aber noch ganz andere Bedürfnisse oder Wünsche hervorbringen. Aktuelles Beispiel: Unsere Kollegin Eda Grafe wollte gern eine Zeit im Ausland verbringen. Wir wollten keinesfalls auf ihre Mitarbeit verzichten. Das Ergebnis: Eda hat in den letzten Monaten remote von ihrer temporären Wahlheimat in Südspanien aus für kleinkariert gearbeitet. Und das je nach Lust und Laune von ihrem neuen Zuhause oder vom Coworking-Space aus. Produktivitätsverlust: Null. Wohlfühlfaktor: 1000.
Sinnlich statt seelenlos
Für den zweiten Ansatz nehmen wir Dich mit auf einen gedanklichen Ausflug. Stell Dir folgende Situation vor:
Du trittst ein. An der Tür wirst Du freundlich, aber unaufdringlich begrüßt. Im Hintergrund tönt leise Musik, die Dir augenblicklich gute Laune macht. Dein Blick wird magisch angezogen von den Regalen. So schöne Farben, so eine tolle Struktur – Du möchtest unbedingt anfassen, was darin liegt. Und warum duftet es hier eigentlich so toll? Und wonach eigentlich? Noch während Du versuchst, den Duft einzuordnen und einfach nur als „angenehm“ abzuspeichern, kommt auch schon die Frage „Möchtest Du etwas trinken? Einen Espresso oder lieber ein Wasser oder ein Glas Champagner?“. Lächelnd nimmst Du das Angebot an und setzt Dich erst einmal auf die stylishe, zudem sehr gemütliche Couch und schaust Dich weiter um. Auf Anhieb fallen Dir fünf Dinge ein, die etwas für Dich sind. Du greifst zu und…
Ka-Boom! Aufgewacht. Raus aus dieser Idylle. Zurück in die Realität. Na? Wo hast Du Dich in dieser Situation gesehen? Ganz heißer Tipp: sehr wahrscheinlich in einer Boutique. Vielleicht auch in einer Ausstellung. An einem Ort jedenfalls ganz sicher nicht: Im Büro. Schade.
Denn was in einem Geschäft, einer Galerie oder auch in Hotellerie und Gastromonie für positive Stimmung sorgt, wird am Arbeitsplatz sträflich vernachlässigt.
Dabei ist die Idee dahinter eigentlich ganz einfach: Die Rede ist von Multisensorik.
Hier können wir vom Handel lernen, der schon lange mit sinnlichen Konzepten arbeitet.
Was bewirkt Multisensorik?
Alles, was wir spüren, riechen, sehen, schmecken oder hören, erzeugt unmittelbar Emotionen. Noch besser funktioniert das, wenn mehrere oder alle Sinne gleichzeitig angesprochen werden. Denn unser Hirn ist auf Assoziationen konditioniert. Die Ansprache zweier Sinne verdoppelt den Eindruck nicht nur, sondern vervielfacht ihn und lässt ihn nachhaltiger im Gedächtnis behalten.
Dabei finden viele dieser Sinneswahrnehmungen sogar unbemerkt statt. Wenn es gelingt, alle Sinne gleichzeitig positiv zu stimulieren, führt das zu einer Wohlfühlatmosphäre auf allen Ebenen. Darauf setzt die Boutique im oben genannten Beispiel. Denn wenn wir uns wohlfühlen, sind wir produktiver, offener für Neues und kreativer.
Im Fall der Boutique führt das in der Regel zu einem Kaufimpuls. Und wenn’s im Büro ebenso wäre? Dann wäre das toll und ein echter Grund, dahin zu kommen und zu bleiben. Wer braucht dann noch eine Homeofficepflicht? Doch warum wird also die gleiche Sorgfalt der multisensorischen Ansprache nicht auf die Ausstattung des Arbeitsplatzes gelegt?
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