Dunckelfeld als Beispiel für flexibles Arbeiten

 

„Ich bin dann mal weg“ – Die Kölner Digitalagentur Dunckelfeld hat es gemacht: 2016 wurden die Büroräume in der Malzfabrik vorübergehend geschlossen, und die gesamte Agentur zog mit 15 Personen für zehn Tage nach Spanien um. Flexibles Arbeiten ist angesagt. Doch wie war die Workation?

Wir haben mit Kim Wittfeld, Gründer und CEO von Dunckelfeld über seine Erfahrungen und Erlebnisse gesprochen. Ein Fazit unter anderen:

„Gerade für Gesellschaftsspiele ist im Agenturalltag zu wenig Zeit.“

Und: Die Wiederholung ist bereits in Planung!

Aber lest selbst:

Bernhard Probst: Kim, das flexible Arbeiten war ja wahrscheinlich ein lang gehegter Wunsch – wie kommt es dazu?

Kim Wittfeld: Ja, tatsächlich – wir hatten schon seit unserer Gründung 2011 den Traum, von den unterschiedlichsten Orten der Welt aus zu arbeiten und gemeinsam kreativ sein zu können. Außerdem bin ich selbst Surfer. Und da die Wellen in Deutschland ein rares Gut sind und 30 Urlaubstage im Jahr nicht ausreichen, ist es mir sehr wichtig einen Kompromiss zu finden und auch dort arbeiten zu können, wo es Wellen gibt. Tja, dann wurde es Calpe in Spanien!

Bernhard: Wie wart Ihr untergebracht?

Kim: Wir haben in einer Villa mit neun Schlafzimmern gewohnt. Dazu hatten wir diverse Aufenthaltsmöglichkeiten, es gab also für jeden genug Rückzugsorte. Im Prinzip hatte jeder sein eigenes Zimmer. So war auch niemand zu irgendeiner Aktivität verpflichtet.

 

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Bernhard: Wie aufwändig war die Planung der Workation im Vorfeld?

Kim: Neben der reinen Reiseplanung mussten wir nur unseren Kunden klar machen, dass wir in der Zeit nicht für Meetings vor Ort zur Verfügung stehen. Das Feedback war durchweg positiv. Außerdem wussten wir, dass wir das W-Lan der Villa aufrüsten mussten. Also haben wir uns um ausreichend Repeater gekümmert. Grundsätzlich war es kein größerer Aufwand, als wenn wir einen gemeinsamen Ausflug geplant hätten.

Bernhard: Haben sich alle Mitarbeiter darauf eingelassen? Man lässt ja schon Partner, Freunde, Familie, Haustier, Hobbies für eine Zeitlang zuhause.

Kim: Ja, es waren wirklich alle dabei. Auch die Praktikanten. Allerdings sind wir ja auch ein recht junges Team. Bisher hat von uns nur ein Mitarbeiter eine eigene Familie gegründet, da ist man natürlich auch besser abkömmlich. An den Wochenenden durften die Partner auch nachkommen.

Bernhard: Wie sah ein typischer Tagesablauf aus?

Kim: Nach dem Aufstehen und einem kurzen Sprung in den Pool habe ich erst mal einen Kaffee auf der Terrasse getrunken, ein wenig gelesen und meine Emails beantwortet. Nach und nach haben sich die meisten auf der Terrasse getroffen, und es hat sich ein gemeinsames Frühstück in der Sonne entwickelt. Danach hat sich jeder in seine Lieblingsecke gesetzt und in Ruhe gearbeitet. Zwischendurch gab es dann Besprechungen, und irgendwann hat sich ein Team für die Zubereitung des Mittagessen gefunden. Bis auf Pool oder Terrasse war es eigentlich fast so wie im Büro. Na gut, und bis auf die Siesta in der Hängematte.

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Bernhard: Unterscheidet sich das flexible Arbeiten vom Ablauf im Kölner Büro?

Kim: Ich würde sagen, dass wir in Spanien tatsächlich länger, aber dafür entspannter mit mehr Pausen gearbeitet haben. Abends haben wir uns oft noch mit einem Glas Wein oder Bier mit Themen beschäftigt, die arbeitsbezogen waren.

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Wenn Du auf die Produktivität abzielst: Vermutlich waren wir etwas weniger produktiv. Nur den produktiven Output zu sehen, finde ich allerdings verkehrt. Ausschlaggebend sind die Werte im Bereich der Unternehmenskultur – und damit der langfristige Benefit für uns alle. Unterm Strich hat es sich für uns durch das Teambuilding durch das besondere Erlebnis rentiert.

Bernhard: Ich kenne Euch ja als gut gelaunte Agentur, in der offen kommuniziert wird. Gab es in einer so langen Zeit des permanenten Zusammenseins dann aber doch Zoff oder einen Lagerkoller?

Kim: Du hast recht, wir sind generell sehr offen und sprechen es immer direkt an, wenn uns etwas stört. Unsere gute Streitkultur haben wir so auch mitgenommen: Übliche Differenzen und Diskussionen wurden genauso offen und lebhaft ausgetragen wie zuhause. Aber wirklich Zoff oder Streit gab es nicht.

Bernhard: Hat sich Euer Verhältnis untereinander durch die Reise verändert?

Kim: Ich bin davon überzeugt, dass sich die Reise auf unsere Beziehung untereinander sehr positiv ausgewirkt hat. Das Vertrauen und die Loyalität untereinander sind mit Sicherheit gestiegen. Wir sind ohnehin schon sehr freundschaftlich miteinander verbunden – und dadurch sicher noch mehr. Außerdem haben wir ein klares Ziel vor Augen, wie wir uns für Leistungen belohnen können. So etwas geht natürlich nur, wenn die Unternehmenszahlen auch entsprechend gut sind. Jeder trägt seinen Anteil dazu bei, ob und wie lange wir wieder solch eine Reise zusammen machen können.

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Bernhard: Ihr wollt also wieder gemeinsam auf Tour gehen?

Kim: Auf jeden Fall. Hoffentlich schon wieder in diesem Frühjahr! Mir wäre es das nächste Mal wichtig, dass wir mehr machen als zu arbeiten, zum Beispiel mehr gemeinsame Ausflüge. Ich würde gerne außerdem die Zeit nutzen, um konkret an Wissenstransfer und Weiterbildung zu arbeiten.

Vielleicht planen wir dann mit sechs Arbeitsstunden pro Tag und zwei Stunden für den Wissenstransfer. Dabei sollten dann auch schon im Vorfeld von jedem Vorträge oder Inhalte für Workshops vorbereitet werden, damit das Programm bei Abflug steht.

Bernhard: Ich sehe schon: Struktur! Gibt es Ereignisse, die Dir besonders in Erinnerung bleiben?

Kim: Oh ja! Wir haben genau in der Zeit die erste Phase unserer Website für die Beginner gelauncht. Das war schon fast surreal, mit so einem großen Projekt von einer Terrasse mit Meerblick aus live zu gehen. Daran kann ich mich auf jeden Fall gewöhnen! Und scheint auch ganz gut gelaufen zu sein, im Oktober war die Seite Website of the Day bei den CSS Design Awards, und den Annual Multimedia Award in Silber haben wir damit auch gewonnen.

Besonders war auch, wie unser Bachelor Student eine Skype Präsentation zu seiner Thesis vor seinen Professoren mit mir gehalten hat, während wir im Schatten saßen und die Professoren in Rotterdam in der Uni zugeschaltet waren. Sowohl bei ihnen als auch bei den Kunden kam es toll an.

Besonders in Erinnerung bleiben mir aber auch ganz einfache Momente, die für mich zu den schönsten gehören. Beispielsweise, wenn wir zusammen entspannt in den Feierabend übergegangen sind, gemeinsam gekocht und Gesellschaftsspiele gespielt haben. Ja, wirklich. Gerade für Gesellschaftsspiele ist im Agenturalltag zu wenig Zeit. Das ist wirklich schade.

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Bernhard: Zum Abschluss des Gesprächs noch eine Frage: Was empfehlt Ihr anderen Agenturen, die flexibles Arbeiten in Form einer Workation umsetzen wollen?

Kim: Wir finden es ganz wichtig, dass jeder die Freiheit hat, selbst zu entscheiden, ob er mitkommt. Also kein Gruppenzwang. Glücklicherweise waren bei uns alle gleich Feuer und Flamme, da wollte sich keiner ausklinken. Aber wenn es dann doch mal passiert, sollte man realistisch bleiben und es akzeptieren. Auch ruhig einmal hinterfragen, warum. Sind es private Gründe oder fühlt sich jemand im Team doch nicht so wohl wie gedacht? Die- oder derjenigen, die zuhause bleiben, halten dann halt die Stellung im Büro.

Bernhard: Vielen Dank, Kim, für die offenen Worte, die bestimmt auch für andere Agenturen inspirierend sind!

FLEXIBLES ARBEITEN: DIE DIGITALAGENTUR DUNCKELFELD ÜBER ARBEITEN ABSEITS DES BÜROS

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2 Comments

  • […] Im engen Kundenkreis haben wir ein Unternehmen, dass da noch einen drauf setzt. Da ist zeitweise keiner mehr im Büro. Alle weg. Und zwar gemeinsam. Was sich dahinter verbirgt und wie das klappt, lest Ihr hier! […]

  • Remote Work: Ich bin dann mal weg

    25. Januar 2022 - 18:38

    […] Im engen Kundenkreis haben wir ein Unternehmen, dass da noch einen drauf setzt. Da ist zeitweise keiner mehr im Büro. Alle weg. Und zwar gemeinsam. Was sich dahinter verbirgt und wie das klappt, lest Ihr hier! […]

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